Quantcast
Channel: Business Lounge Magazin - Netzwerkmagazin für Entscheider » Standort
Viewing all articles
Browse latest Browse all 61

Heilsbronn ist am Zug

$
0
0

Zwischen Nürnberg und Ansbach, im geografischen Zentrum Mittelfrankens, liegt relativ unauffällig die Stadt Heilsbronn mit über 9.300 Einwohnern. Das 1132 gegründete Zisterzienserkloster mit dem Münster, in dessen Gruft 41 Mitglieder der Hohenzollern begraben sind, prägt noch heute die Altstadt. Die 1875 neu eröffnete Eisenbahnlinie Nürnberg – Ansbach war eine der wesentlichen Entwicklungsstufen des Ortes – noch heute ist die Bahnverbindung eines der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren. Seit Mai 2008 ist der Heilsbronner Dr. Jürgen Pfeiffer (CSU) erster Bürgermeister der Stadt. Er wollte die Stadt nachhaltig voran bringen. Im Business Lounge Magazin zieht er eine Zwischenbilanz.

MAGAZIN: „Wie ist es dazu gekommen, dass Sie Bürgermeister von Heilsbronn geworden sind?“

Dr. Jürgen Pfeiffer: „Die Kommunalpolitik war immer mein Hobby, und seit 1996 bin ich im Stadtrat. Als meine Partei einen Bürgermeisterkandidaten suchte, stand ich vor der Entscheidung meines Lebens. Das war meine Berufung, und ich hatte dann das Glück, mich gegen drei weitere Kandidaten durchzusetzen. Das ist ähnlich wie bei einem Pfarrer, Bürgermeister sein ist kein Beruf, sondern das ist eine Berufung. Entweder man ist es ganz, oder man ist es gar nicht.“

MAGAZIN: „Wie sehen Sie Ihre Aufgabe?“

Heilsbronn2

Heilsbronns erster Bürgermeister Dr. Jürgen Pfeiffer vor dem Münster

Dr. Jürgen Pfeiffer: „Ich denke, es ist gut, wenn Seiteneinsteiger aus der Wirtschaft den Weg in die Kommunalpolitik finden. Jeder kann vom anderen profitieren, und manchmal müssen wir auch einfach Denkhürden in unserem Kopf überwinden.“

MAGAZIN: „In den letzten Jahren sind in Heilsbronn über 1.000 neue Arbeitsplätze entstanden. Wie können Sie so eine positive Entwicklung anstoßen?“

Dr. Jürgen Pfeiffer: „Die sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze haben die Unternehmen geschaffen. Unsere Aufgabe ist es, sie so gut wie möglich zu begleiten. Wir haben auch schwierige Phasen mit Arbeitsplatzverlusten hinter uns, und hinter jedem Arbeitsplatz steckt eine Familie. Wirtschaftspolitik ist in Heilsbronn grundsätzlich Chefsache, also durch mich oder unseren geschäftsleitenden Beamten. Wir kümmern uns direkt um die Interessenten, begleiten sie, und das gilt nicht nur für Unternehmer, das gilt auch für Häuslebauer. Da schaut sich der Bürgermeister auch am Samstag persönlich Bauplätze oder Gewerbegebiete an.“

MAGAZIN: „Diese Zeit nehmen Sie sich?“

Dr. Jürgen Pfeiffer: „Ja klar! Ich habe erst letzten Samstag einen Bauplatz angeschaut, der dann auch reserviert wurde. So ist das – Bürgermeister ist man aus Passion und sieben Tage, 24 Stunden.“

MAGAZIN: „Haben Sie Rückhalt bei der Unterstützung der Unternehmen durch den Stadtrat?“

Dr. Jürgen Pfeiffer: „Ich bin unserem Stadtrat sehr dankbar, dass wir ein konstruktives Klima haben. Es gibt keinerlei Fraktionszwang, und es wird auch nicht parteipolitisch gedacht, sondern wir sind weitgehend an der Sache orientiert.“

MAGAZIN: „Ist es nicht sehr schwer, Menschen und Unternehmen aus der Metropole aufs Land zu locken?“

Dr. Jürgen Pfeiffer: „Ein Beratungsunternehmen aus dem Raum Erlangen ist mit zehn hochqualifizierten Arbeitsplätzen in unsere Innenstadt gezogen. Das lag an einem Generationenwechsel in der Firma, denn der neue Inhaber wohnt hier und freut sich nun, dass er weniger Pacht zahlt. Rund die Hälfte der Belegschaft kommt aus unserem Raum, und so ist es für alle ein Gewinn: Viele sparen sich viel Zeit beim Pendeln, denn die Mitarbeiter, die noch im Ballungsraum wohnen, fahren nun gegen den Strom. Leider ist diese Entwicklung noch nicht der Regelfall, und es fällt vielen Menschen schwer, aus dem Ballungsraum zu uns auf das Land zu kommen. Trotzdem haben wir Unternehmen, die sich sehr gut entwickelt haben, darunter einige Hidden Champions.“

MAGAZIN: „Heilsbronn ist nicht so in der Öffentlichkeit präsent, und viele wissen gar nicht, wie viele Unternehmen es hier gibt. Woran liegt das?“

Dr. Jürgen Pfeiffer: „Vielleicht liegt es ja an unserer historischen Vergangenheit. Zisterzienser haben kein großes Aufhebens um sich gemacht, und wir tun das auch zu wenig. Da muss ich selbstkritisch sagen, dass das Klappern in meinem Tagesgeschäft zu wenig Platz findet. Wir haben eine Innenstadt mit vielen Schätzen, die noch gehoben werden können. Momentan sind wir mit Bauträgern im Gespräch, neben den regionalen kommen die weitesten aus Darmstadt. Das überregionale Interesse liegt an unserer guten Infrastruktur, die S-Bahn hat uns sehr, sehr viel gebracht. Bis 2010 ist unsere Einwohnerzahl auf 9.000 geschrumpft, dann haben wir die Kehrtwende geschafft, Tendenz steigend. Wir mussten familienfreundlich werden, sonst drohte die Überalterung und da hat der Stadtrat gemeinsam mit mir an einem Strang gezogen. Aktuell bereiten wir den Neubau einer fünften Kindertagesstätte vor. Die Nachfrage nach Wohneigentum hat dadurch spürbar angezogen, und es kommen auch mehr Unternehmen zu uns bzw. sie verlassen uns gar nicht erst.“

MAGAZIN: „Was erwarten die Unternehmer von Ihnen?

Dr. Jürgen Pfeiffer: „Die Unternehmer erwarten, dass wir Gewerbegebiet zur Verfügung stellen, eine gute Infrastruktur mit guter Verkehrsanbindung, eine gute medizinische Versorgung, ein gutes schulisches Angebot, ein gutes Kulturprogramm und bezahlbaren Wohnraum. Gerade die weichen Faktoren sind für die Mitarbeiter wichtig. So investieren wir auch im laufenden Jahr wieder einen höheren siebenstelligen Betrag in die Infrastruktur. Das müssen wir machen. Heilsbronn hat den Vorteil, man lebt auf dem Land, mit all den Vorzügen, ist aber in 20 Minuten mit der S-Bahn in der Metropole. Es gibt einen harten Wettbewerb zwischen den einzelnen Kommunen und man muss attraktiv bleiben. Ein Schlüssel ist die Familienfreundlichkeit: So haben wir zum Beispiel unseren Negativrekord an Geburten von 2010 mit nur 48 Geburten überwunden. Jetzt sind es knapp 90 Geburten pro Jahr. Wir haben diese Weichen ganz bewusst in diese Richtung gestellt und nun ist hier ein deutlicher Aufschwung festzustellen. Ansonsten ist der kurze Draht zu den Firmen wichtig. Ich habe zu den allermeisten Unternehmern einen sehr guten persönlichen Kontakt und die wissen, bis 22.30 Uhr können sie auf dem Handy des Bürgermeisters anrufen und ich darf auch anrufen. Vieles läuft, wenn man sich dann kennt, auch per Handy.“

MAGAZIN: „Wo wird Heilsbronn in zehn Jahren stehen?“

Dr. Jürgen Pfeiffer: „Heilsbronn ist weiterhin lebenswert und familienfreundlich. Das ist keine Frage der Größe, denn eine Kommune ohne Kinder hat keine Zukunft. Ich erwarte, dass wir uns irgendwann auf die 10.000 Einwohner zu bewegen werden. Gleichzeitig sind alle Kommunen in unserem Landkreis gefordert, Einfluss auf höheren Ebenen geltend zu machen, dass der ländliche Raum auch wirklich mit den Ballungsräumen gleich behandelt wird.“

NETZWERKKONTAKT

Heilsbronn Stadtwappen modernNetzwerkkontakt
Dr. Jürgen Pfeiffer (Erster Bürgermeister)
Stadt Heilsbronn
Kammereckerplatz 1 | 91560 Heilsbronn
Telefon 09872 / 806 – 10 | Fax 09872 / 806 – 66
juergen.pfeiffer@stadt-heilsbronn.de |www.heilsbronn.de

Neigenfind kleinInterview: Mathias Neigenfind
Chefredakteur Business Lounge Magazin

www.neigenfind.org
info@neigenfind.org


Viewing all articles
Browse latest Browse all 61